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Bei einer Eselwanderung mit Donkeytours in Grosselfingen bei Nördlingen lernen große und kleine Tierfans nicht nur das Ries besser kennen, sondern auch sich selbst.

Gerade noch ging er mit langen Schritten voraus, jetzt stemmt sich Esel Ralf plötzlich mit seinen ganzen 220 Kilo Gewicht gegen den Zug am Halfter. Grund dafür ist ein Garagentor, das gerade langsam hochfährt. Das muss er sich genauer anschauen, es könnte ja etwas zu fressen dahinter stecken. „Esel sind neugierig“, erklärt Miriam Schwarz von Donkeytours. Wer mit ihnen unterwegs ist, lernt schnell, Unter brechungen gelassen zu nehmen. 

Regelmäßig gehen die „drei Jungs“, wie die Besitzerin ihre Esel liebevoll nennt, mit Gruppen auf Tour. Familien, Schul oder Betriebsausflug, Kindergeburtstag oder Tiertherapie, die Grün de, nach Grosselfingen zu kommen, sind ganz verschieden. Miriam Schwarz hat die Erfahrung gemacht, dass die Esel sich auf unterschied liche Bedürfnisse einstellen. Olli zum Beispiel, erzählt sie, sei ein ganz ruhiger Begleiter für Rollstuhlfahrer oder Kinder. Wenn ein Erwach sener ihn führt, ist er weniger rücksichtsvoll. „Esel spiegeln die Menschen, die sie führen, ganz unverfälscht“, meint die Expertin. „Wenn wir Betriebsausflüge hier haben, gibt es oft spannende Erkenntnisse.“

Laute Begrüßung

Wie die Menschen hat jeder Esel seinen eigenen Charakter. Ralf, der Älteste und Größte des Trios, steht zum Beispiel gern im Mittelpunkt und begrüßt Gäste schon bei der Ankunft mit einem lauten Eselruf. Anton dagegen zieht sich erst einmal in die Box zurück: Er hat keine Lust aufs Striegeln, mit dem die Eseltour beginnt. Bei der Fellpflege können Esel und Menschen sich schon mal kennenlernen. „Ihr müsst herausfinden, wer euer Esel ist“, erklärt Miriam Schwarz dazu und demonstriert, was Esel besonders mögen: Sie legt die Hände um Ralfs lange, weiche Ohren und streichelt mit den Daumen die Innenseite. Der schließt genießerisch die Augen und lässt die Unterlippe hängen – ein Bild reinen Eselglücks. 

Beim Striegeln bleibt Zeit für ein paar Infos über die Tiere und Fragen – zum Beispiel, wie es kommt, dass die Familie Schwarz hinterm Haus drei Grautiere hält. „Der Esel war schon immer mein Herzenstier“, erzählt Miriam Schwarz. Seit der Hochzeitsreise ist auch ihr Mann Michael „auf den Esel“ gekommen. Statt an ferne Strände ging es für die beiden nämlich zum Eselwandern in die Uckermark. Nach einer Woche in tierischer Begleitung war klar: Eigene Esel mussten her. Zuchttiere sollten es nicht sein, stattdessen wurden Ralf, Olli und Anton vom Schlachthof gerettet.

„Esel sind vom Charakter her ganz verschieden – wie Menschen.“

Miriam Schwarz

Ein Snack mit Panoramablick

Dann ist es Zeit, die Halfter anzulegen. Die Esel sollen sich bewegen, das ist gut für sie. Zum einen würden sie sich sonst langweilen und zum anderen müssen sie ein paar Kalorien abtrainie ren. Denn eigentlich stammen die Tiere aus war men Regionen, wo das Futter wenig gehaltvoll  ist – anders als die sattgrünen Wiesen im Ries krater. Fressen müssen sie dennoch regelmäßig, sonst bekommen sie Koliken, wie die Halterin erklärt. Bewegung muss also sein, aber alles im Eseltempo und mit Pausen. 

Gemächlich zieht die Gruppe aus dem Dorf hinaus auf die Wiesen. Dort bietet sich ein beeindruckendes Panorama: Über die Ebene schweift der Blick zum Rand des Rieskraters. Grosselfingen liegt fast genau in seiner Mitte; die riesigen Dimensionen werden hier greifbar. Ralf, Olli und Anton interessieren sich dagegen eher für das Naheliegende: Klee und Spitzwegerich. Den  kleinen Snack lassen sie sich gern schmecken.

Im Zickzack zum Glück

Mit dem letzten Bissen im Maul wird die kurze Runde fortgesetzt – im Zickzackkurs, denn immer wieder will eines der Tiere zurück an den Klee. Ab und zu muss Miriam Schwarz das „Gaspedal“ bedienen: Ein kleiner Stupser gegen das Hinterteil bringt selbst Ralf in Bewegung. Einen Leitesel gibt es übrigens nicht. „Esel haben keinen Chef, sie sind auch nicht unterwürfig“, weiß die Expertin. So ist auch auf der Wanderung mal der eine, mal der andere vorne. Nur als es über die Eger geht, lässt Anton den anderen gern den Vortritt. Der Jüngste der drei ist auch der Vorsichtigste – aber er kann auch anders. Das zeigt sich kurz darauf, als er sich übermütig auf einem Stück Rasen wälzt. Alle Zweibeiner sehen ihm lachend dabei zu. Ralf nutzt den Moment der Ablenkung, um eine große Distel abzurupfen. Mit sichtlichem Genuss kaut er das stachelige Ding. Jeder findet das Glück eben auf seine Art. Aber wer mit Eseln wandert, kommt ihm auf jeden Fall einen großen Schritt näher.

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